Italien und Carsharing

Italien und Carsharing – ein paar Anmerkungen zum nachfolgenden Bericht über erste Alleinfahrten

Selbständiges Fahren auf dem Berliner Stadtring. Tempo 80, viele, aber sehr sachte Kurven. Stufe 3 der Betreuung. Wir fahren im Mietwagen (car sharing)
Selbständiges Fahren auf dem Berliner Stadtring. Tempo 80, viele, aber sehr sachte Kurven. Stufe 3 der Betreuung. Wir fahren im Mietwagen (Carsharing)

Als Frau Sintermann zu mir kam, hat sie sich als „Angstpatientin mit Führerschein, aber ohne Fahrpraxis“ bezeichnet. Wir sind anfangs im ruhigen Gewerbegebiet gefahren, dann im eher unruhigen Neukölln und auf der Autobahn. Problem bei ihr war immer wieder Hektik.

Das sollte man nicht glauben. Doch Hektik treibt viele Angsthäsinnen um, weil sie meinen, sich an das Gedrängel auf den Straßen anpassen zu müssen.  Daraus entstehen dann wieder Überforderung und Angst. Doch diese Phase konnten wir gemeinsam durchstehen (das Wort passt hier irgendwie). Wie im Programm zur Angstbewältigung vorgesehen, ging es weiter zum selbständigen

App Carsharing, Autos in der Nähe anzeigen
App Carsharing, Autos in der Nähe anzeigen. Es waren genug Autos in der Nähe, wir hatten nicht einmal 10 Minuten zu gehen.

Fahren. Ihre Idee war es, dafür ein Carsharing-Auto anzumieten. So fuhren wir schließlich mit einem Elektroauto von BMW durch Berlin. Nach 15 Betreuungsstunden war sie soweit. Ich konnte sie in den rauen Berliner Verkehrsalltag entlassen.

Ich freute mich für sie, es tat mir auch beinahe leid. Denn ich schätze sie. Ihr Bericht ist erfrischend und staunenswert. Was hat sie nicht alles an Fahrausflügen in unbekannte Gefilde unternommen – Italien, Tunnel, Serpentinen, Carsharing sowieso, mit Kind, nachts, bei Regen. Heraus kam die Erkenntnis: keine Angst vor der Angst, rein in die vielleicht gar nicht so gefährlichen Situationen. Aber auch die empfehlenswerte Einsicht, einen Beifahrer zu bitten, mit zu gucken, wenn es sehr schwierig wird. Über so viel Frische, Mut und Nachdenken über eigene Schwäche kann sich unsereiner nur freuen!

Frank Müller, Angsthasenfahrlehrer


 „Ich habe mich immer weiter voran getastet“

Fahrausflüge in unbekannte Gefilde

Lieber Herr Müller,

ich melde mich bei Ihnen wie versprochen mit einem kleinen Bericht, wie es mir mit dem Autofahren ergeht.

Ich habe seit unseren Fahrstunden jede Gelegenheit genutzt, zu üben und mich immer weiter voran getastet: Erst bekannte leichte Wege zur Arbeit hin und zurück, dann neue Wege durch die Stadt mit Navi, dann mit Kind auf der Rückbank. Ich fahre mittlerweile auch mal im Dunkeln, bei Regen und bin sogar schon in Italien Autobahn durch Tunnel und Serpentinen gefahren. Es kostet mich nach wie vor Überwindung, aber mit jedem Mal bekomme ich mehr Übung und Vertrauen und Spaß! Ich versuche auch bei der Arbeit jede Gelegenheit zu nutzen und transportiere Dinge von A nach B. Ich genieße die neue Freiheit und Unabhängigkeit sehr. Es ist eine Genugtuung, bei Regen einfach mal ins Elektroauto steigen zu können!

Carsharing Auto BMW i3, Elektrischer Antrieb, Automatik-Schaltung, am Steuer die Autorin
Carsharing Auto BMW i3, elektrischer Antrieb, Automatik-Schaltung. Am Steuer die Autorin

Auch das ständige Wechseln von Elektro, Diesel, Automatik und Schaltung beim Carsharing stört mich nicht mehr. Ich habe mittlerweile die Angst vor tödlichen dramatischen und gefährlichen Unfällen verloren und realisiert, dass kleinere Blechschäden viel wahrscheinlicher sind!!! Tatsächlich habe ich vor einiger Zeit zum ersten Mal einen Kratzer beim Einparken in der Beifahrertür des Mietautos verursacht, was ich dann melden musste und umständlich war, aber auch eine gute Lektion, mich nicht aus Verzweiflung in eine zu kleine Parklücke zu drängen. Und dass Fehler okay sind, denn ich übe ja und vermeide nicht mehr, das ist das wichtigste und normal.

Ich habe mir selbst ein paar Regeln aufgestellt:

  • Ich fahre nur, wenn ich genug Zeit habe und nicht gestresst bin.
  • Ich fahre nur, wenn mein Handy genug Akku hat, sonst bekomme ich Schwierigkeiten mit der Carsharing Technik.
  • Wenn ich Beifahrer habe, sage ich Ihnen, dass ich mich konzentrieren muss und mich nicht viel unterhalten möchte.
  • Wenn mir Strecken wirklich zu schwierig sind, bitte ich meinen Beifahrer mit zu gucken.

Alles in allem: das Auto fahren klappt gut, aber die Parkplatzsuche ist sehr mühsam. Da brauche ich manchmal eine halbe Stunde bis ich was finde, manchmal weit weg von meinem eigentlichen Ziel. Aber das gehört in Berlin wohl dazu. Das Parken an sich klappt meistens ziemlich gut, wenn ich denn eine Lücke gefunden habe.

Soweit mein Gruß an Sie auf die Schnelle. Ich bin sehr dankbar, die Stunden bei Ihnen gemacht zu haben. Sie können meine Erfahrungen gerne an Ihre SchülerInnen weitergeben, wenn Sie möchten. Noch ein letzter Rückblick: Ich merke mittlerweile sofort, wenn ich etwas beim Fahren aus Angst vermeiden möchte und tue es dann erst recht: z.B. direkt vor dem Haus parken, wo mich Nachbarn beobachten könnten, Im Dunkeln fahren, Autobahn fahren oder unbekannte Wege nehmen..

Ich hoffe, es geht Ihnen und Ihren Kindern und Enkeln gut!

Herzlichst,

Lisa Sintermann

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