Die Coronakrise und die Fahrschulen. Was wird aus der Angsthasenfahrschule?
Deutschland hat die Corona Pandemie bis jetzt glimpflich überstanden. Die Bundesregierung war von Virologen und anderen Wissenschaftlern gut beraten, es gab Auflagen und Einschränkungen, die von der Bevölkerung mitgetragen wurden. Jetzt ist die Frage, wie es weiter gehen soll, ob man nicht mehr „nur“ an die Gesundheit der Menschen, sondern auch an die notleidende Wirtschaft denken muss.
Auch unsere Angsthäsinnen interessieren sich dafür, wie es mit den Angsthasentreffen und der praktischen Betreuung durch die Angsthasenfahrschule weiter gehen wird. Der Weiterbetrieb der Angsthasenfahrschule hängt eng mit der Schließung und Öffnung der Fahrschulen durch die Behörden zusammen. Dies scheint auch von Bundesland zu Bundesland verschieden beurteilt zu werden.
Inhalt:
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- Kurzer Rückblick: Die Coronakrise, Schließung der Fahrschulen und vieler anderer Unternehmen
- Das Zwischenziel, Covid 19 am exponentiellen Wachstum zu hindern, wurde vorläufig erreicht
- Die Fahrschulen wollen Ihren Unterrichtsbetrieb aufnehmen
- Nordrhein-Westfalen prescht vor: Dort dürfen Fahrschulen wieder unter erleichterten Bedingungen Unterricht erteilen
- Kritik am Modell NRW – Wiederaufnahme des Fahrschulbetriebs während der Coronakrise – gesundheitlich gefährlich
- Wie geht es weiter mit der Angsthasenfahrschule?
1. Kurzer Rückblick: Die Coronakrise, Schließung der Fahrschulen und vieler anderer Unternehmen
Seit Ende März wurde der Fahrschulbetrieb in Berlin durch Rechtsverordnung verboten. Nicht nur Fahrschulen, sondern viele Unternehmen und natürlich auch die Bürger mussten ihren Beitrag zur Eindämmung des gefährlichen Corona-Virus leisten. Es gab Hygiene-Auflagen, Abstandsgebote und Ausgehverbote. Konkret war das Ziel der Maßnahmen, die durch den Virus ausgelöste gefährliche Lungenkrankheit Covid 19 soweit zu beschränken, dass das Gesundheitssystem, besonders die Krankenhäuser, nicht überlastet würden. Zusammen mit der Fahrschule Glowalla hat auch die Angsthasenfahrschule damals natürlich mitgezogen und die praktische Betreuung und die Angsthasentreffen abgesagt. Das habe ich in einem ersten Beitrag zur Coronakrise auf dieser Website begründet.
2. Das Zwischenziel, Covid 19 am exponentiellem Wachstum zu hindern, wurde vorläufig erreicht
Das Zwischenziel aller Maßnahmen, die vom Coronavirus verursachte bösartige Lungenkrankheit Covid 19 aufzuhalten, wurde erreicht. Die Krankenhäuser haben heute viel Kapazität, können auch andere schwere Fälle außer Covid 19 wieder behandeln. Inzwischen wird in der Öffentlichkeit die Forderung nach einer Lockerung der strengen Regeln gegen das Corona-Virus immer lauter. Einzelhandel und Schulen sollen wieder geöffnet werden. Die Rechtsverordnung, die auch den Fahrschulbetrieb verbietet, läuft Anfang Mai 2020 aus. Dann trifft sich Bundeskanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder. In der Runde wird sicher auch strittig diskutiert, ob und wieweit einzelne Maßnahmen gelockert werden können oder nicht.
Streit über Lockerungen.
Die einen befürworten die Durchsetzung der strengen Hygiene- und Abstandsregeln. Sie befürchten, dass die Eindämmung von Covid 19 nur ein Teilerfolg war, und dass bei einer Lockerung der Regeln das Virus mit voller Kraft zurückschlagen könnte, so dass es zu einer neuen Welle der Krankheit käme. Die andere Seite sind die „Lockerer“, die vor allem auch die notleidende Wirtschaft im Blick haben und endlich wieder zu einer „Normalisierung“ zurück finden möchten.
3. Die Fahrschulen wollen ihren Unterrichtsbetrieb aufnehmen
Auch die Fahrschulen möchten wieder ihren Unterrichtsbetrieb aufnehmen. Wie viele andere Kleinunternehmen stehen sie unter schwerem wirtschaftlichem Druck. Eine längere Zeit ohne Umsatz mit weiter laufenden Kosten (Raum- und Mietkosten, Fahrzeugleasing, weiter laufende Gehaltszahlungen) werden sie nicht durchstehen. Staatliche Hilfen sind gefragt. Am besten wäre es für sie, den normalen Unterrichtsbetrieb wieder aufzunehmen, also Theorie- und praktischen Unterricht. Doch ist das möglich, wenn gleichzeitig die strengen Vorgaben von Hygiene- und Abstandsregeln beachtet werden müssen, die das Erreichen des Zwischenziels erst möglich gemacht haben? Ich kann die Fahrlehrerschaft gut verstehen. Aber ist der Unterrichtsbetrieb ohne Gesundheitsgefahren möglich?
4. Nordrhein-Westfalen prescht vor: Dort dürfen Fahrschulen wieder unter leichten Bedingungen Unterricht erteilen
NRW schreibt den Fahrschulen folgende Bedingungen vor für die Wiederaufnahme des Fahrschulbetriebs:
Theorieunterricht:
Im Theorieunterricht muss zwischen Schülern und Lehrern mindestens 1,5 m Abstand eingehalten werden, es darf sich nur eine Person pro 10 qm aufhalten. Außerdem müssen alle Beteiligten eine eine einfache Stoffmaske tragen (Mund-Nase-Bedeckung, MNB, textil). Waschgelegenheiten sind vorzuhalten, Tische müssen desinfiziert werden.
Praktischer Unterricht:
Auch beim praktischen Unterricht gilt für Schüler und Lehrer Maskenpflicht. Eine einfache Stoffmaske wie im Theorieunterricht genügt. Nach der Fahrstunde sind alle Teile im Pkw, die regelmäßig berührt werden, zu desinfizieren. Bei der praktischen Prüfung muss auch der Prüfer eine Maske tragen.
Anmerkung: Alle Informationen über die neue Situation in NRW stammen aus dem Newsletter des Degener Fahrschulverlags, 29.04.2020.
Zur Maskenpflicht:
Die einfache Stoffmaske bietet nur einen relativ groben Schutz. Sie schützt nur andere vor relativ grobem Tröpfchen- und Keimnebel, wie er beispielsweise beim Niesen oder beim lebhaften und lauten Sprechen versprüht wird. Viren, die an den Tröpfchen kleben, werden allerdings mit den Tröpfchen zurück gehalten. Seitlich hat die Luft noch guten Zutritt, der Stoff selbst hemmt die feinen Partikel lnicht. Viren werden durch die Maske an sich nicht zurück gehalten. Die Ärosole, winzige Schwebstoffe in der Luft, zu denen sich auch die Viren gesellen, können die Stoffmasken nicht zurückhalten.
FFP- oder medizinische Masken: Besser als die Stoffmasken sind die medizinischen Masken mit Partikelfilter, Bezeichnung FFP mit Zahlenzusatz, die beim Einatmen auch Viren zurückhalten. Die besten FFP-Masken schützen auch beim Ausatmen. FFP-Masken haben gute Filter und liegen sehr eng am Gesicht an. Sie sind dem medizinischen Personal vorbehalten, um sich vor Ansteckung in Gegenwart der infizierten Kranken zu schützen. Gewöhnliche Menschen würden damit wahrscheinlich Atemprobleme bekommen. Das Training im Verkehr mit diesen Masken würde die Betroffenen hinterm Steuer wahrscheinlich schwer ablenken.
Schutz- oder Hygiene-Masken: Diese haben im Inneren ein mehrlagiges Vlies, durch das die ein- oder ausgeatmete Luft durchstreifen muss. Darin bleiben auch feine Partikel und Viren hängen, laut unbestätigten Aussagen bis zu 60 %. Insofern stellen sie einen guten Kompromiss dar. In der Schweiz sind sie inzwischen Pflicht bei Fahrschulfahrten. Sie sind nur für den Einmal-Gebrauch gedacht.
5. Meine Kritik am Modell NRW – Wiederaufnahme des Fahrschulbetriebs während der Corona-Krise – gesundheitlich gefährlich
Armin Laschet, Ministerpräsident von NRW, ist bekannt als Vorreiter einer Lockerung der strengen Anti-Corona-Regeln. Während man sich in Berlin und in anderen Bundesländern noch schwer tut mit der Frage „wie geht es weiter?“, dürfen die Fahrschulen in NRW ihren Betrieb schon wieder aufnehmen. Und dies, wie ich gleich ausführe, unter sehr erleichterten Bedingungen, die Gesundheitsgefahren mit sich bringen.
Meine Befürchtung ist, dass in einer Art Wettbewerb der Erleichterungen diese gefährlichen Regelungen in NRW auch für den Fahrschulbetrieb in Berlin übernommen werden.
An der Regelung für den Theorieunterricht habe ich nichts auszusetzen.
Allerdings hat man die Bürokräfte in der neuen Regelung durch NRW vergessen. Diese müssen Tag für Tag Fahrschüler und Interessenten beraten und Daten eingeben. Während der Beratung brauchen Sie Schutz. Am besten durch einen transparenten, festen Schirm aus Plexiglas. Da nicht immer ausreichende Lüftung vorliegt, wäre auch das Tragen einer einfachen Maske angebracht.
Kritik äußere ich an der Regelung für den praktischen Unterricht. Hier ist übrigens die Rede von einer Fahrstunde mit „Pkw“. Es geht, mit anderen Worten, um die Klasse B.
Die Maskenpflicht für das Tragen der Stoffmasken bringt wenig, nach dem Motto „besser, als nichts“. Genauso die Desinfektion der Teile des Pkw, die berührt werden müssen, beispielsweise das Lenkrad.
Aber was ist mit Regel vom Mindestabstand von 1,5 m, die seit der Coronakrise allgemein zwischen Personen eingehalten werden muss? Diese Regel hat man bei der Genehmigung des Fahrschulbetriebs in NRW mehr oder weniger heimlich unterschlagen. Der Mindestabstand zwischen Fahrer – Beifahrer vorne ist natürlich zu gering! Nehmen wir als Beispiel den bekannten VW Golf. Die Innenbreite im Bereich der vorderen Armauflagen beträgt etwa 1,45 m. Diese Strecke aber müssen sich zwei Personen teilen, Fahrschüler und Fahrlehrer. Dann bleiben für jeden nur noch knapp 80 cm, und nach rechts bzw. nach links zweimal knapp 40 = 80 cm – Abstandsgebot voll verfehlt!
Zu nah nebeneinander, enge Fahrzeugkabine, wenig nützliche Masken – das ist gut für die Viren, schlecht für die Beteiligten
Fahrschüler und Fahrlehrer sitzen nah beieinander, in einem relativ engen Blechkasten, der vorderen Fahrzeugkabine. Sollte einer der beiden infiziert sein, dann entsteht im Inneren des Blechkastens eine Virenlast, die beide mit der Luft einatmen müssen. Damit wird die Ansteckungsgefahr für den Nicht-Infizierten stark erhöht. Die einfache Stoffmaske schützt davor nicht! Noch einmal: Drei Nachteile kommen für Fahrschüler und Fahrlehrer zusammen: Abstand zu nah, gemeinsamer Aufenthalt in der engen Fahrzeugkabine, Stoffmaske, die kaum vor den Viren schützt. Sitzt noch der Prüfer im Auto, als dritte Person, dann werden möglicherweise zwei Personen angesteckt. Wir müssen auch daran denken, dass die Fahrlehrerschaft teilweise überaltert ist. Gerade diese Menschen sind aber durch das Corona-Virus bedroht.
Hilft kräftiges Lüften?
Denkbar wäre, bei der Fahrt kräftig zu lüften, alle Fenster zu öffnen. Damit handelt man sich aber Probleme ein, starker Lärm, besonders auf der Autobahn, Luftzug, vor allem im hinteren Bereich des Pkw, Kälte, Nässe im Wagen bei Regen. Die Klimaanlage ist übrigens nicht geeignet, für Durchzug zu sorgen. Im Gegenteil, sie verteilt die Viren gleichmäßig im Fahrzeugraum.
Es müsste wissenschaftlich durch Versuche im Auto geklärt werden, ob und wieweit dieses von der Behörde in NRW genehmigte Verhalten für die Beteiligten angesichts der Coronakrise gefährlich ist. Solange noch Unklarheit herrscht, sollte man meiner Ansicht nach kein Risiko eingehen. NRW hat es sich mit der „Lösung“ zu leicht gemacht.
Die Meinung des ADAC: Die Abstandsregel gilt auch im Auto
Im Tagesspiegel vom 3.5.2020, S. 8 las ich unter der Überschrift „Jeder fährt für sich allein- zur Sicherheit“ folgende Äußerung zum Thema Abstandsregel im Auto: „ADAC-Juristen weisen auf der Internetseite des Clubs darauf hin, dass die Abstandsregeln [von mindestens 1,50 Metern – F.Müller] auch im Auto gelten.“
Es geht um die Klasse B – für die anderen Klassen kann das Abstandsgebot eingehalten werden
Bis jetzt sprechen wir von der Klasse B. Für die anderen Klassen – A, Motorrad, C, Lkw und D, Bus – gilt meine Kritik nicht, denn hier kann das Abstandsgebot eingehalten werden. Allerdings ist die Klasse B ausgerechnet die „Brot-und-Butter-Klasse“ für die Fahrschulen, die den meisten Umsatz generiert.
6. Wie geht es weiter mit der Angsthasenfahrschule?
Sollte es in Berlin zu einer im Kern ähnlichen Lösung der Wiederaufnahme des Fahrschulbetriebs kommen wie in NRW, werde ich mich daran mit der Angsthasenfahrschule nicht beteiligen. Zu gefährlich für die Gesundheit der Betroffenen. Außer, es gäbe Möglichkeiten, die schweren Nachteile der NRW-Lösung durch andere Möglichkeiten wieder auszugleichen. Für mich kommt dazu, dass ich als älterer Fahrlehrer zu einer Risikogruppe gehöre.
Die Angsthäsinnen sind sehr verantwortungsbewusst. Sie werden meine Entscheidung verstehen, den Betrieb der Angsthasenfahrschule unter solchen Umständen weiter auszusetzen. Sie werden sich und ihre Lieben oder Bekannten keiner Ansteckungsgefahr aussetzen wollen.
Ich selbst werde versuchen, hier auf der Website, vor allem mit Geschichten aus der praktischen Bewältigung von Fahrangst und mit digitalen Aufgaben, weiter zu machen, bis eine befriedigende, gesundheitlich bessere Lösung bei der praktischen Betreuung gefunden ist.
Bald wissen wir mehr, wenn sich Senat und zuständige Behörde in Berlin mit neuen Erleichterungen an die Öffentlichkeit gewandt haben. Dann werde ich mich wieder melden.
Berlin, 03.05.2020
Frank Müller
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Drei Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation bei den Fahrten im Fahrschulwagen: