Selbständiges Fahren auf der Autobahn. Hier in einem Bus. Angsthasenfahrlehrer sitzt hinten rechts. Letzte Stufe im Programm der Bewältigung von Fahrangst

„Autobahn fahren ohne Panik – seit 12 Jahren mein Ziel“ – Interview mit einer ehemaligen Angsthäsin

Zum Beitragsbild: Selbständiges Fahren auf der Autobahn. Überholen eines Lkw. Angst vor Panikattacken auf der Autobahn kontrolliert
Die Angsthäsin am Steuer (nicht diejenige im anschließenden Interview)  ist Selbständige, braucht das Auto dringend, um Kunden aufzusuchen. Sie möchte im Urlaub zusammen mit ihrer Freundin und mit dem alten VW-Bus durch Europa reisen. Früher fuhr sie gerne auf der Autobahn. Nach dem Überholen eines Lkw mit Anhänger, der beim Überholen ein bisschen „schlenkerte“, bekam sie es mit der Angst zu tun. Weitere Fahrten unter ängstlicher Selbstbeobachtung verstärkten Angst und Nervosität, bis zu Panikattacken auf der Autobahn, ohne weiteren Anlass. Sie leidet an Herzklopfen, atmet keuchend, ihr schwindelt, sie kann sich nicht mehr konzentrieren, fühlt sich ohne Kontrolle über das Geschehen, befürchtet einen Unfall. Seither hat sie Angst vor der Wiederkehr der Panikattacken, meidet die Autobahn konsequent.
Der Besuch einer Fahrschule brachte nichts, da der Fahrlehrer nicht auf ihre Ängste eingehen konnte.
Dann wurde sie auf die Angsthasenfahrschule aufmerksam. Sie hat alle Stufen des Programms zur Bewältigung ihrer Angst vor Panikattacken auf der Autobahn, hinter sich gebracht. Dazu gehört der Umgang mit den heftigen Symptomen und den Angstgedanken, die Selbstbeobachtung, um das Aufkommen von Panik rechtzeitig zu bemerken und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Jetzt fährt sie zum letzten Mal mit Begleitung durch den Angsthasenfahrlehrer. Dieser sitzt hinten rechts, kann nur noch mit beobachten, im Zweifel einen Rat geben. Nach dieser Fahrt wird sie allein weiter fahren.

Angstsituation im Bild: Das Überholen von Lkw, Angst vor einer Wiederkehr der Panikattacken. Die Angsthäsin hatte zu Beginn der Betreuung  Angst vor dem Überholen von Lkw, vor allem bei längeren Zügen mit Anhänger. Sie spürt sich hilflos, voller Todesangst, das Herz rast, im Kopf wirbeln schwere Gedanken an einen Unfall. Es ist die Angst, während des Überholens eine Panikattacke zu erleiden, nicht mehr rechtzeitig den rechten Streifen zu erreichen. Dazu kommt die ursprünglich auslösende Angst, nicht mehr auf Bewegungen des Lkw-Zuges richtig reagieren zu können, sondern in einen gefährlichen Unfall zu geraten. 
Ihre Maßnahmen zur Selbsthilfe: Sie mildert ihre Symptome. Sie spricht laut, über ihre Nervosität (hier in der Szene beträgt die Höhe ihrer Nervosität ungefähr 4, von max. 10), sie atmet durch das laute Sprechen ruhig, der Verstand bleibt präsent; sie schaut bewusst, sorgfältig, über alle Spiegel, nach vorne, weit und nah, achtet auf das Verkehrsgeschehen, vermeidet dadurch den Tunnelblick. Sie schaut beim Überholen lebhaft, gerade auch auf den Lkw, krampft nicht am Lenkrad, sondern lenkt spielerisch ein winziges Bisschen hin und her. Damit fühlt sie weiterhin die Kontrolle über das Geschehen. Sollte Muskelverkrampfung auftreten, beherrscht sie die progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Vor allem achtet sie auf Symptome schon im Vorfeld, damit sie diese noch rechtzeitig abfangen und sich Rettungsmaßnahmen überlegen kann. Über mögliche Rettungsmaßnahmen wird im Interview ausführlich gesprochen. In diesem Falle, weil hinter ihnen noch frei ist, könnte  sie sich zurück fallen lassen und wieder rechts einscheren, die nächste Ausfahrt oder einen Parkplatz ansteuern, sich dort erholen. Wir versuchen die blockierenden Angstgedanken: zu versachlichen: Ein Lkw-Zug kann schon mal ein bisschen „schlängeln“, das ist nicht weiter schlimm. Wir müssen halt genau beobachten, nicht verkrampft fahren, locker bleiben.
Später nach der Betreuung bekam ich von der (ehemaligen) Angsthäsin eine Ansichtskarte aus Spanien. 

12 Jahre lang vermeidet Kerstin W. die Autobahn – wegen der Angst vor einer Panikattacke. Was hat ihr geholfen? Interview mit der ehemaligen Angsthäsin.

„Die Angst vor Panikattacken auf der Autobahn war stärker.
Ich konnte nur noch im Stadtverkehr fahren“

Kerstin W. hatte Angst  vor Panikattacken auf der Autobahn. Was hat ihr am besten geholfen? Interview mit der Angsthäsin nach der Betreuung

Inhalt

  1. Vorbemerkung
  2. Begriffserklärung: Panikattacken auf der Autobahn
  3. Rettungsmaßnahmen: Ich achte auf Pausen
  4. Wie oft muss ich fahren, um in Übung zu bleiben?
  5. Das Navi, ein treuer Begleiter?
  6. Schild FAHRANFÄNGER
  7. Vorgeschichte: Wie kam es zu der Panik?
  8. Die erste Panikattacke – abends auf der Autobahn
  9. Verhaltenstherapie
  10. Was ist Ihr Ziel? Bescheiden, realistisch, Traumziel?
  11. Angsthasenbetreuung, Angsthasentreffen
  12. Angstbewältigung konkret: Rettungsmaßnahmen
  13. Im Vorfeld auf belastende Situationen achten, die Nervosität mildern
  14. Mein Mann hat sich zu sehr eingemischt
  15. Ein Email-Bericht zu den Autobahnfahrten allein
  16. Tabelle Angstsituation und nervliche Belastung + Hilfe-Maßnahmen
  17. Aufgaben für Sie: Bereiten Sie die praktische Betreuung auf der Autobahn vor
  18. Nützliche Links

1. Vorbemerkung

Kerstin Weise (Name, berufliche und Ortsdaten von mir geändert) macht den Führerschein, fährt hinterher gerne mit dem Auto: Im Stadtverkehr, auf der Autobahn, beruflich, im Urlaub, wie es gerade nötig ist. Als Architektin ist sie auf das Auto angewiesen. Im Urlaub löst sie ihren Mann beim Fahren ab. Doch dann erleidet sie bei einer abendlichen Autobahnfahrt eine Panikattacke. Und nichts bleibt so, wie es war.

Sie probiert es noch ein paar mal mit der Autobahn, ihr Mann soll mitfahren und helfen. Doch das bringt es nicht, er ist zu ungeduldig. Dann gibt sie auf. Die Angst ist stärker. Wenigstens im Stadtverkehr kann sie noch fahren. Dann die rettende Idee: Ich gehe zur Angsthasenfahrschule! Dort lernte sie, mit ihrer Angst vor Panikattacken umzugehen.

2. Begriffsklärung: Panikattacken auf der Autobahn

Definition: Panikattacken: (Aus unserem Ratgeber: Keine Angst mehr hinterm Steuer. S. 167).

„Panikattacken sind plötzliche, heftige Angsterlebnisse, die schwere, körperliche Angstreaktionen auslösen. Treten diese häufiger auf und beeinträchtigen Sie die Lebensführung, dann spricht man von einer Panikstörung. Treten die Attacken vor allem in bestimmten Situation auf (Autobahn, Bahn, Supermarkt), dann werden diese Situationen gemieden. Die Betroffenen haben Angst vor neuen Angstanfällen, entwickeln eine überängstliche Erwartungshaltung (‚Beim nächsten Panikanfall werde ich ohnmächtig‘) und beobachten ihren Körper übergenau.“

Ein schweres Angsterlebnis, das so wie geschildert in bestimmten örtlichen Situationen auftritt, wird auch als Agoraphobie bezeichnet (griech. agora = Markt, Platz und phobie = Angst).

Beginn des Interviews

Frank Müller, Angsthasenfahrlehrer
Kerstin Weise, ehemalige Angsthäsin mit Angst vor Panik auf der Autobahn

3. Rettungsmaßnahmen: Ich achte auf Pausen

Frau Weise, vielen Dank, dass Sie sich die Mühe gemacht und von Ihren ersten Alleinfahrten berichtet haben. Ich habe mich jedes Mal gefreut, dass es inzwischen so gut klappt. Ich weiß von vielen anderen Angsthäsinnen, dass solche Fahrten immer ein bisschen Mut und Erfahrung im Umgang mit der Angst erfordern. Welche Regeln und Tipps beachten Sie denn für sich selbst, damit Sie wohlbehalten ans Ziel kommen? Unsere Surfer/innen dürfte das sehr interessieren.

Bei einer längeren Fahrt, beispielsweise von Berlin nach Dresden, achte ich darauf, wenigstens zweimal etwa eine halbe Stunde Pause einzuhalten. Würde ich durchfahren ohne Pause, dann, so glaube ich, wäre ich anfällig für die alten Ängste: Unruhe, Unwohlsein, Herzklopfen, schlechte Konzentration, Unsicherheit. Ich kenne die Parkplätze. Außerdem fahre ich mit Navi, daher sehe ich rechtzeitig, wann die nächste Ausfahrt kommt.

4. Wie oft muss ich fahren, um in Übung zu bleiben?

Pausen einzulegen bei längeren Fahrten, das kann ich nur empfehlen. Wie oft fahren Sie denn überhaupt Autobahn, um sozusagen „in Übung“ zu bleiben? So ähnliche Fragen werden immer wieder von Angsthäsinnen gestellt. Da kann ich nur auf Erfahrungen ehemaliger Angsthäsinnen verweisen.

Eine längere Strecke, beispielsweise von Berlin nach Chemnitz, fahre ich alle zwei Wochen Das ergibt sich beruflich so. Zwischendurch bin ich im Schnitt zweimal in der Woche auf der Autobahn, aber nur für eine kürzere  Strecke. Wenn ich sehr viel weniger fahre, habe  ich das Gefühl, das Unwohlsein würde sich wieder langsam einschleichen.

Jetzt haben wir ein paar Zahlen. Aber heißt das, dass sie so weiter üben müssen, sonst passiert wieder etwas Schlimmes?

Na ja, so ist es nicht. Aber wenn ich am Anfang bin, muss ich schon einigermaßen regelmäßig üben, auch in in der Bewältigung meiner Ängste. Ich nehme an, später kann ich das lockerer angehen.

Ich finde es in Ordnung, dass Sie jetzt am Anfang noch so gewissenhaft trainieren, auch den Umgang mit Ihrer Angst. Sie haben es so schnell und gut geschafft. Das fand ich schon sehr erfreulich. Nun muss sich die Sache mit der Angstbewältigung noch mehr einschleifen. Wenn die Angst mal wieder kommt, dann kommt Sie halt. Sie setzen dann die Mittel ein, die wir zusammen geübt haben. Welche Hilfe haben Sie denn sonst noch? 

5. Das Navi, ein treuer Begleiter?

Ich benutze sehr gerne das Navi. Das heißt ganz konkret, mein Smartphone mit Google Maps. Ich habe es im Auto in eine Halterung geklemmt. es zeigt mir den  Weg an. Eine nette Frauenstimme weist mich vorher darauf hin, wenn ich abbiegen muss, oder wenn eine komplizierte Autobahnführung kommt. Ich benutze das Navi sogar bei Stadtfahrten, bei denen ich mich eigentlich gut auskenne. Es ist einfach ein treuer Begleiter, der mit mir spricht. Ich fühle mich nicht mehr allein am Steuer.

Autobahnfahrt mit eingeschaltetem Navigationsgerät. Programmstufe 3, selbständiges Fahren, Angsthasenfahrlehrer begleitet die Angsthäsin
Autobahnfahrt mit eingeschaltetem Navigationsgerät. Programmstufe 3, selbständiges Fahren, Angsthasenfahrlehrer begleitet die Angsthäsin (hier hinten, auf dem Rücksitz rechts).  Die Angsthäsin  im Bild ist nicht  die interviewte.  Das hier vorhandene Navi gehört zum Auto, bei Bedarf fährt das Display mit dem Navi aus der  Armaturentafel hoch (Navi ins Auto integriert, der Autohersteller sorgt für Updates). ). Die meisten Angsthäsinnen haben diesen Komfort nicht. Sie benutzen ihr Smartphone  mit Google Maps als Navi, vorzugsweise mit einer Navi-Halterung und Aufladekabel zum Stromanschluss im Auto. So auch Frau Weise im Interview. Das Navi würde hier eigentlich gar nicht gebraucht, es geht immer geradeaus die Autobahn lang. Dennoch bleibt es hier wie immer eingeschaltet.  Das Foto verdeutlicht ein Problem, das auch Frau Weise im Interview anspricht.  Viele Angsthäsinnen fühlen sich beim selbständigen Fahren allein ohne Rat und Zuspruch. Das Navi ist nicht nur Wegweiser, sondern gibt Rat und durch die sanfte Stimme das Gefühl, nicht allein zu sein.  Im Interview habe ich ein bisschen versucht, Skepsis gegenüber diesem Hilfsmittel zu vermitteln. Es muss auch mal ohne Navi gehen. Zumindest sollten die Betroffenen die Strecke einigermaßen im Kopf haben. 

Das hört sich ja lieb an. Die Hersteller der Navi-Programme wählen Menschen mit Stimmen aus, die vertrauenswürdig herüber kommen. Das Navi ist sicher ein guter Helfer bei der Orientierung. Dennoch bin ich ein bisschen skeptisch. Das Internet ist voll von Geschichten, wie Leute durch ein Navi in die Irre geführt wurden. Auch das kann wieder irreführend sein. Ich wäre einfach ein bisschen skeptischer. Eine Angsthäsin hat mir erzählt, dass sie in Ihrem Navi eingestellt hatte „Autobahn vermeiden“. Darauf führte sie das Navi prompt auf die Autobahn. Das Navi kann mal ausfallen, auch wenn Sie im Auto den Akku immer aufgeladen bekommen.

Ich würde immer zusätzlich auch schlicht und einfach vor der Abfahrt eine Karte studieren. Probieren Sie doch mal eine Stadtfahrt ohne Navi, in einer Gegend, in der Sie sich gut auskennen. Meinen Sie, das geht? Wenn Sie gerne Unterhaltung bei der Fahrt haben, dann tut es vielleicht auch ein seriöses Radio-Programm. 

Ich finde den Tipp mit der Karte sehr gut. Das werde ich vor der nächsten Fahrt probieren. Ich kenne zwar schon viele Strecken, aber vielleicht lerne ich auch neue Möglichkeiten kennen. Aber auf das Navi selbst will ich nicht verzichten.

6. Schild  FAHRANFÄNGER

Ich habe noch etwas zu meiner Hilfe: Ich fahre nur mit dem von Ihnen empfohlenen Schild FAHRANFÄNGER. Das heißt, bei mir heißt es ANFÄNGER. Ich kann in Ruhe etwas langsamer fahren. Natürlich bleibe ich rechts. Niemand hat besondere Erwartungen an mich. Im Gegenteil, alle ziehen  schnell an mir vorbei. Aber ich glaube ich werde es in den kommenden Monaten schaffen, ohne das Schild zu fahren.

Schild "Fahranfänger"
Schild FAHRANFÄNGER. Das Schild sollten alle Angsthäsinnen nach ihrer Betreuung verwenden. Es gibt mehr Sicherheit. Denn sie können im Schutz des Schildes nach wie vor den sicheren Angsthasenfahrstil ausüben. Die meisten Fahrer sehen das Schild und eine langsamere Fahrerin – und schauen, dass sie möglichst bald überholen. Keine Drängelsituationen, so soll es sein. Ich habe noch kein einziges Mal von den Ehemaligen Kritik gehört wegen des Schildes. Das Schild sollte magnetisch haften, so hält es am besten, auch bei einer Autobahnfahrt. Nicht durch kleine Saugnäpfe, das hat sich nicht bewährt.

7. Vorgeschichte: Wie kam es zu der Panik?

Ich kann das Schild FAHRANFÄNGER oder ANFÄNGER für den Anfang allein nur empfehlen. Es beruhigt. Ich habe von ehemaligen Angsthäsinnen nur Gutes darüber gehört.

Nun ein anderes Thema. Die Mehrheit der Autofahrer liebt die Autobahn. Man kommt schnell voran, die Autobahn gilt als sehr sicher. Pro gefahrenem Kilometer passieren relativ wenige Unfälle. Die Autobahn ist gefahrlos gebaut, es gibt keine Kreuzungen, keinen Gegenverkehr, mehrere Fahrstreifen. Kurven, Steigungen oder Gefälle sind gemäßigt, daher kann man sich beim Schnellfahren einigermaßen entspannen. Die Leute verstehen es nicht, wenn ich von Menschen erzähle, die Angst vor Panik auf der Autobahn haben. Können Sie das erklären, was an der Autobahn so schlimm sein soll?

Autobahn = Fahrzwang, keine Ruhemöglichkeit
Auf der Autobahn herrscht Fahrzwang, es gibt keine Ruhemöglichkeit.
Es ist das hohe Tempo, das dort herrscht. In meiner Situation kann sich das schlimm auswirken. Wenn ich Panik bekomme wird mir vielleicht übel, ich habe  Herzklopfen, atme heftiger, werde sehr unsicher, fürchte einen Unfall, habe noch mehr Angst. Obwohl mir sehr unwohl ist, muss ich auf der Autobahn immer weiter fahren. Ich habe keine Ruhe, kann nicht anhalten, mich beruhigen. Es ist der Zwang zu fahren, der mich weiter treibt, obwohl ich wegen meiner Panik dringend eine Pause benötige. Im Stadtverkehr dagegen finde ich überall ein Plätzchen, falls es mit der Panik losgehen sollte. Aber da habe ich auch keine Panik.

Das heißt, wenn Sie sich etwas wünschen würden bei der Autobahn…

…dann wären das ganz, ganz viele Parkplätze.

Diese würden Sie wahrscheinlich nicht nicht einmal benutzen, diese wären lediglich zur Beruhigung da. Aber die Angst vor einer Panik wäre dann weg?

Weiß ich nicht, ausprobieren. Wahrscheinlich ja.

Nun mal wieder ernsthaft: Wie war es mit Ihrem Führerschein und der Zeit danach?

Ich habe meinen Führerschein vor vielen Jahren in Dresden gemacht. Sofort bestanden. Die Zeit danach war in Ordnung. Ich bin gerne Auto gefahren, auch auf der Autobahn. Angst hatte ich keine. Das ging jahrelang so.

8. Die erste Panikattacke – abends auf der Autobahn. Viel Verkehr, abends, überall Autos und Lichter. Ich werde pausenlos überholt

Wann begann es mit der Panik? Was ist da passiert? 

Es war abends, ich fuhr von Dresden nach Gera. Die Strecke war stark befahren. Pausenlos wurde ich überholt, teilweise sehr schnell, mit und ohne Licht. Plötzlich merkte ich, dass mir unwohl wurde. Ich verkrampfte mich, spürte mein Herz klopfen und atmete schneller. Ich hatte das Gefühl, ich bekomme keine Luft mehr. Die Konzentration ging weg, ich fühlte mich wie hilflos. Ich schaffte es mit Mühe, mich zusammen zu  reißen, fuhr langsamer, das half ein bisschen. Zum Glück kam bald eine Ausfahrt. Von da an fuhr ich auf der Landstraße weiter. Später habe ich es noch zweimal auf der Autobahn versucht, beide Male mit schlechtem Ergebnis. Seither meide ich die Autobahn konsequent. Das wollte ich nicht mehr erleben! Ich hatte natürlich auch Angst vor einem Unfall. Den wollte ich auf keinen Fall riskieren.

Autobahn, Feierabendverkehr, viele Autos mit Licht hintereinander, Tempo geringer. Ein Stau zeichnet sich ab. Das Lichtgewimmel im Spiegel kann irritieren 
Autobahn, Feierabendverkehr, viele Autos mit Licht hintereinander, Tempo geringer,  ein Stau zeichnet sich ab. Das Lichtgewimmel im Spiegel kann etwas irritieren 

Die Situation abends auf der Autobahn, die Sie schildern, mit den vielen Autos um sie herum und ihren Lichtern, die ist vielleicht etwas unangenehm, aber eigentlich nicht so bedrohlich. So sehe ich das als geübter Autofahrer. Dennoch hatten Sie Angst, sogar Panik. Das war unsere Ausgangslage. Dennoch – wie lässt sich die heftige Angstreaktion verstehen? Wie sehen Sie Ihr Erlebnis jetzt in der Rückschau?

Ja, mein Erlebnis auf der Autobahn klingt jetzt in der Rückschau nicht gerade schrecklich. Aber ich hatte wirklich große Angst. Wahrscheinlich hat sich die Angst dann hochgeschaukelt, wurde immer heftiger. Später hatte ich nur noch Angst vor der Panik, dass sie plötzlich wieder kommt.

Auf eine nicht so bedrohliche Situation überreagieren
Ihr Verstand und Ihr Angstgefühl haben die Situation wahrscheinlich als viel zu gefährlich interpretiert. Dadurch hat sich das, wie Sie bemerkt haben,  „hochgeschaukelt“, es gab eine heftige körperliche Angstreaktion. Als Sie es dann wieder auf der Autobahn versuchen wollten, hatten Sie heftige Angst vor einer Wiederkehr der Panik. Da war die Sache schon gelaufen und verfestigt. W
ie viele Jahre meiden Sie inzwischen die Autobahn, aus Angst vor einer Panik? 

Angst vor weiterer Panik auf der Autobahn 
Ich habe bis heute die Autobahn insgesamt 12 Jahre lang vermieden, aus Angst vor einer weiteren Panik. Es war nicht nur die Angst vor der Panik, sondern vor den Folgen – schwere Fehler am Steuer infolge einer Panik, womöglich ein Unfall. 12 Jahre sind eine lange Zeit. Wir zogen nach Berlin, ich arbeite bis heute teilweise in Chemnitz. Die Fahrt mit Bus und Bahn dorthin ist mühsam, vor allem, wenn ich meine Unterlagen mitschleppen muss.

Ich lobe Sie jetzt mal ausdrücklich, denn Sie haben wegen Ihrer Panikangst Verantwortung gezeigt. Sie sind nicht mehr Autobahn gefahren. Wie ging es weiter?

9. Verhaltenstherapie

Ich wollte dem Zwang der Angst entkommen. Zuerst machte ich eine Therapie, Verhaltenstherapie. Ich litt zusätzlich noch an Höhenangst. Die Therapie brachte mir aber nicht so viel, vor allem wegen der Angst vor Panik auf der Autobahn. Ich habe die Therapie dann abgebrochen.

Über Verhaltenstherapie habe ich bis jetzt viel Gutes gehört. Ich lege Wert auf Zusammenarbeit mit den Therapeuten. Wir bringen beide etwas Gutes ein bei der Betreuung der Betroffenen.  Aber es hat eben nicht für Sie gepasst. Ich würde Ihnen empfehlen, die Therapie zu Ende zu bringen. Eine Frage: Wie haben Sie mich gefunden?

Es ging ganz schnell. Ich wusste, dass eine Zeitschrift über Sie berichtet hatte. Im Internet fand ich Sie gleich.

10. Was ist Ihr Ziel? Bescheiden, realistisch, Traumziel?

Nun haben Sie es geschafft, Sie fahren allein auf der Autobahn, die Angst ist gut unter Kontrolle. Das ist schön. Wir sollten jetzt über Ihre weiteren Ziele sprechen: Sie haben schon so etwas erwähnt – sie wollten nicht mehr unter dem Zwang der Angst stehen. 

Als ich beim Angsthasentreffen war und die erste Betreuungsfahrt mit Ihnen glücklich geschafft habe, war ich noch ganz bescheiden: Ich wollte schlicht und einfach wieder auf der Autobahn fahren können, nach Dresden, Chemnitz, Gera, vielleicht im Urlaub mal an die Ostsee.

 So bescheiden ist das gar nicht. Es gehört zu Ihren Zielen. Aber, wenn Sie jetzt auf der Autobahn fahren – was ist mit der Angst, spielt die noch eine Rolle?

Ja, die Angst spielt noch eine Rolle, das muss man sich eingestehen. Die damaligen Erfahrungen auf der nächtlichen Autobahn und mein Unwohlsein haben sich tief einprägt. Ich kann jetzt nicht einfach so frei, locker, ohne nachzudenken, fahren. So, wie früher. So, wie früher zu fahren, das wäre ein Traumziel. Ich weiß nicht, ob das erreichbar wäre?

Was ist denn mit der Angst, die noch immer eine Rolle spielt? 

Ja, ein bisschen ist die Angst immer noch ein bisschen da, im Hintergrund. Dass die Panik mich wie damals auf der Autobahn plötzlich erwischt, dass sich die Sache hochschaukelt, ich beinahe die Kontrolle verliere. Aber ich habe durch Ihre Betreuung einige Möglichkeiten dagegen! Das macht mich zuversichtlich.

Das sehen Sie richtig. Die Angst ist noch ein bisschen im Hintergrund da. Aber im Gegensatz zu früher wissen Sie jetzt, wie Sie mit Ihr umgehen können. Das ist dann  anders als früher. Sie können mit der Angst leben. Ein Trost. Könnten wir das Ziel so beschreiben: Ich fahre gerne auf der Autobahn. Die Angst ist ein bisschen dabei. Aber ich kann jederzeit mit ihr umgehen, kann sie kontrollieren, „plötzlich“ wird sie schon gar nicht kommen. Daher fahre ich ruhiger und sicherer?

Ja, das trifft es gut. Manchmal fahre ich streckenweise sogar, ohne an die Angst zu denken. Ich habe bei der praktischen Betreuung durch Sie erfahren, dass ich wieder die Kontrolle über die Angst habe. Das gefällt mir. Wenn es immer so wäre, ein Traum! Einfach so fahren, ohne an die verflixte Angst zu denken.

Sie haben schon mehrere Ziele, von realistisch und konkret bis zum Traumziel. Klingt gut!

11. Angsthasenbetreuung, Angsthasentreffen

Wir sollten noch über Ihre Eindrücke während der Angsthasenbetreuung sprechen. Waren Sie beim Angsthasentreffen?

Ja. Dort hat es mir gut gefallen. Ich habe gemerkt, dass ich nicht allein bin mit meiner Angst. Überhaupt war die Stimmung unter den Teilnehmerinnen sehr mitfühlend. Das tat mir gut. Sie als Angsthasenfahrlehrer haben uns kompetent über den Ablauf der Betreuung informiert. Ich merkte sofort, dass Sie die Ruhe weg haben. Das hat mich letztlich überzeugt.

12. Angstbewältigung konkret – Rettungsmaßnahmen

Wir haben zu Beginn der Betreuung mit dem Fahrschulwagen viel über Rettungsmaßnahmen beim Auftreten und zur Abwehr von Panikattacken gesprochen. Wir haben nicht nur gesprochen, sondern diese auch, soweit es möglich war, geübt. Damit sollte die Angst vor der Panik schon mal ein bisschen ihren Schrecken verlieren. Denn Sie wären ja vorbereitet und könnten sich im Notfall helfen. Ich will hier nur ein paar der wichtigsten Rettungsmaßnahmen aufzählen. Sie können inzwischen aufgrund Ihrer Erfahrungen bei den Alleinfahrten kommentieren, wie weit Ihnen die entsprechende Maßnahme weiter hilft: 

Sie haben die nächste Ausfahrt aus der Autobahn im Kopf (Autobahnwegweiser, Kartenstudium oder Navi).

An diese Möglichkeit denke ich immer. Leider sind die Ausfahrten manchmal sehr weit entfernt. Dann müssen andere Maßnahmen her.

Sie machen rechtzeitig eine Pause (Hinweis auf Autobahnparkplatz, Kartenstudium oder Navi), oder verlassen die Autobahn über eine Ausfahrt.

Eine meiner liebsten Rettungsmaßnahmen. Ich kenne alle Autobahnparkplätze auf meiner Strecke. Natürlich auch die Ausfahrten, um auf eine ungefährliche Landstraße zu kommen.

Sie studieren den Seitenstreifen, ob er schön breit ist. Dazu sollten Sie noch ein paar Punkte erklären, für die unsere Surfer/innen.  Letztlich ist hier alles Theorie, denn das Verhalten auf dem Seitenstreifen dürfen wir nicht üben – zu gefährlich. 

Autobahn, Seitenstreifen. Rechts Warndreieck, weiter hinten Pannenfahrzeug
Autobahn, Seitenstreifen. Rechts Warndreieck; weiter hinten Pannenfahrzeug. Der Seitenstreifen hat eine ausreichende Breite. Vor dem Benutzen des Seitenstreifens beobachten, das Warnblinklicht einschalten, verzögern, vorsichtig nach rechts auf den Seitenstreifen ziehen, bremsen bis zum Halt. Über die rechte Tür aussteigen. Warnweste anziehen, das Warndreieck aufklappen. Mit dem Warndreieck über die Leitplanke klettern, dort mindestens 100 m dem Verkehr entgegen wandern. Dort aufstellen. 

Auf dem Seitenstreifen für Sicherheit sorgen
Ich weiß, wo im Kofferraum das Warndreieck und die Warnweste liegen. Das Warndreieck habe ich schon mal übungshalber auf einem Parkplatz in der Stadt aufgestellt. Ich kenne die Taste für das Warnblinklicht. Wir haben beide – zumindest theoretisch – besprochen, wie ich am besten auf den Seitenstreifen fahre, wenn es mir nicht gut geht. Und wir haben auch besprochen, wie ich hinterher vom Seitenstreifen aus in die Fahrbahn der Autobahn einfahren kann: Per Beschleunigung auf dem Seitenstreifen und Einfädeln in eine schöne Lücke. Dabei kann ich mit der Hilfe anderer Fahrer rechnen. Der Seitenstreifen ist eine reale Möglichkeit, wenn es mir schlecht geht. Das weiß ich, theoretisch. Wenn wir übungshalber auf den Seitenstreifen fahren würden, dann könnte das das gefährlich werden. Deshalb lieber nicht.

Haben die Gespräche über den Seitenstreifen und seine Benutzung Ihnen etwas gebracht?

Ist der Seitenstreifen geeignet? Angst vor der Polizei?
Zumindest schaue ich seitdem viel mehr auf den Seitenstreifen und prüfe ihn, ob er für einen Nothalt geeignet ist. Ich schaue, ob er breit genug ist, und das sind die meisten. Das bringt schon ein wenig Beruhigung. Aber es gibt auch sehr schmale, die sind zu gefährlich. Davor habe ich immer noch ein bisschen Angst, Panik zu bekommen, der Seitenstreifen ist viele zu schmal. Den praktischen Ablauf bei der Benutzung dürfen wir ja nicht üben. Insofern ist da auch noch Angst bei mir. Was soll ich denn den Polizisten sagen, wenn sie mich auf dem Seitenstreifen nach dem Grund meines Nothaltes fragen?

Aha, daher die Angstgedanken! Sie dürfen auf dem Seitenstreifen anhalten, wenn es Ihnen schlecht geht. Vergessen Sie das Warnblinklicht nicht, ziehen Sie die Warnweste an, stellen Sie das Warndreieck auf, wenn der Aufenthalt etwas länger dauern soll. Praktisch üben dürfen wir das nicht, das wäre an sich schon etwas gefährlich. Wegen der Polizisten machen Sie sich mal keine Sorgen. Sie wollen Ihnen helfen, dass nichts passiert. Den Polizisten sagen Sie etwas Allgemeines, keine Lüge. Beispielsweise, Ihnen sei unwohl geworden, Sie müssten sich noch ein paar Minuten erholen, dann würden Sie weiter fahren. Sie müssen sich nicht selbst belasten.  

Ich hoffe, dass die Polizisten nett sind.

Wenn Sie es den Beamten ruhig und freundlich erklären, werden Sie genauso reagieren. Übrigens gibt es noch ein Rettungsmittel, Sie haben es selbst bei Ihrer ersten Panikattacke praktiziert. 

Ich wollte sofort zur nächsten Ausfahrt. Und vorher bin ich langsamer gefahren. Ja, das ist es.

Das Tempo reduzieren ist ein wunderbares Rettungsmittel. Aber nicht übertreiben, wir sind ja auf der Autobahn. Wenn Sie 80 fahren und rechts, ok. Aber wenn Sie noch langsamer fahren wollen, müssen Sie – was genau?

Dann schalte ich das Warnblinklicht ein, denn ich bin so eine Gefahr für die anderen Autofahrer.

Ja, mit dem Warnblinklicht sind Sie und andere immer noch sicher. Aber wenn Sie noch langsamer werden wollen oder müssen, keine Ausfahrt und Parkmöglichkeit in Sicht, dann doch lieber den Seitenstreifen nehmen. Wenn wir alle Möglichkeiten noch einmal durchdenken, dann wird Ihnen vielleicht klar, dass Sie sich trotz Panikattacke retten können. Das haben Sie ja schon beim ersten Mal bewiesen. Wir haben es bei Ihrer Betreuung nur deutlicher heraus gearbeitet. 

Ja, eigentlich stimmt das, genau. Ich habe das damals beinahe instinktmäßig richtig gemacht.

Manchmal gibt es gar keinen Seitenstreifen
Nochmal kurz zum Seitenstreifen: Wie sieht es denn bei Ihnen aus, wenn gerade kein Seitenstreifen vorhanden ist? Das gibt es manchmal auf Autobahnen im Großstadtverkehr, wegen der bedrängten, räumlichen Situation, manchmal auch außerorts, beispielsweise auf Baustellen. 

Das trifft mich schon, wenn ich ich ohne Seitenstreifen fahren muss. Ich konzentriere mich sehr auf meine Hilfen. Ich fahre rechts, ich fahre nicht gerade schnell, auf Baustellen fährt man ja meistens langsam. Ich schaue viel, beobachte den Verkehr, spreche laut. Wenn mich jemand von hinten sehr bedrängt, würde ich das Warnblinklicht anmachen. Das habe ich bei Ihnen gelernt.

Den Fahrschulwagen übergeben
Ja, das ist richtig. Das Warnblinklicht dürfen Sie benützen, wenn Sie sich oder andere in Gefahr sehen.

Wir haben vor den Fahrten auf der Autobahn geübt, dass Sie mir im Falle einer kommenden Panik und von Kontrollverlust den Fahrschulwagen übergeben. Ich kann ja von rechts aus lenken, bremsen, schalten, kuppeln, und ich habe sämtliche Spiegel zur Beobachtung des Verkehrs. Wir haben auch geübt, dass Sie mir im Falle einer realen Gefahr auf meine Anweisung hin sofort das Auto übergeben. Was hielten Sie von dieser extremen, aber wichtigen Rettungsmaßnahme? 

Das war schon sehr ungewöhnlich. Als langjährige Fahrerin ist man so etwas gar nicht mehr gewöhnt, nur aus dem Fahrschulunterricht gab es eine schwache Erinnerung. Aber schließlich war das mögliche Übergeben des Wagens doch sehr hilfreich. Ich fühlte mich dadurch ruhiger. Wir haben die Maßnahme nur sehr sparsam genutzt. Einmal, so erinnere ich mich, als ein Lkw sehr nah hinter uns fuhr. Ich hatte ganz schön Angst, als das Riesenteil so nah heran zog. Da habe ich Sie gebeten, den Wagen zu übernehmen. Sie haben mich dann ermuntert, selbst weiter zu machen, ruhig zu atmen, laut zu sprechen, eventuell das Warnblinklicht einzuschalten. Das war sicher gut gemeint, aber ich konnte einfach nicht mehr. Dann haben Sie übernommen, ich war sehr froh.

Sie vertrauen sich mir an, Sie bekommen im Notfall Schutz. Andererseits sollten Sie lernen, sich allein durch zu schlagen. Das ist nicht immer leicht. Aber ganz wichtig war, und das hat immer geklappt: Wenn es gar nicht mehr ging, haben Sie sich gemeldet. Dann haben wir schnell nach einer Möglichkeit gesucht. 

13. Im Vorfeld auf belastende Situationen achten, die Nervosität mildern

Denken Sie an die Situation, die die Panik bei Ihnen ausgelöst hat: Sie fuhren abends, viele Autos waren unterwegs, überall hinter Ihnen Lichtergewimmel, Sie wurden pausenlos überholt. Das war belastend und hat letztlich Unwohlsein und in der Folge die erste Panikattacke bei Ihnen ausgelöst. Andere Angsthäsinnen mit Angst vor Panik reagieren beispielsweise sehr emotional beim Überholen von Lkw. Wie werden Sie in Zukunft mit ähnlichen, Angst auslösenden Situationen umgehen?

Das abendliche Lichtergewimmel macht mir zu schaffen
[lacht] Etwas stimmt mich froh, vor dem Überholen von Lkw habe ich keine Angst wie die anderen Angsthäsinnen. Aber das abendliche Lichtergewimmel und Überholen machen mir zu schaffen. Eine Maßnahme hilft mir sehr, ich hänge mich einfach an einen vor mir fahrenden Lkw an, natürlich mit gebührendem Abstand.

Schön, das kann ich gut nachvollziehen. Aber wenn es keinen Lkw zum Anhängen gibt?

Ich fahre auf jeden Fall rechts. Was mir sehr hilft gegen das viele Lichtergewimmel von hinten, das wusste ich noch von der Fahrschule: Ich kann den Innenspiegel auf Abblendstellung klappen.

Prima. Haben Sie noch eine Möglichkeit?

Ja, ich weiß, ich darf nicht so fixiert auf die Überholer und in ihr Licht gucken. Ich habe bei Ihnen immer wieder geübt, den Blick frei schweifen zu lassen, nach vorne, nach hinten, nach links und nach rechts. Wenn ich das bewusst übe, fällt es mir zuerst schwer. Aber es hilft!

Aus dem sonst lockeren Blick wird leider ein Tunnelblick
In Angst und Aufregung erstarrt der lockere Blick leider zum Tunnelblick. In Ihrem Fall zeigt der sich im Starren auf die vielen Autos mit ihren Scheinwerfern, die Sie überholen. Wenn Sie ganz bewusst locker schauen, signalisieren Sie dem Angstgefühl: „Es ist alles in Ordnung. Keine Angstsituation, alles locker.“  Beim lockeren Schauen können Sie noch eine Maßnahme drauf setzen, den Verkehr beobachten und laut über sich und Ihre Beobachtungen sprechen. Beispiel: „Ich bin ein bisschen nervös. Ich atme ruhig. Links überholt mich gerade ein schneller Pkw. Das ist in Ordnung.“ Sie können auch laut sagen: „Ich fühle mich wohl in der Lichterkolonne. Ich sehe die anderen besser. 

Beides, das lockere Schauen und das laute Sprechen, helfen mir sehr. Es kommt mir ein bisschen komisch vor, wenn ich allein im Auto laut spreche. Aber es hilft. Mich mit der rauschenden Lichterkolonne neben und hinter mir anzufreunden, das fällt mir immer noch schwer.

Das laute Sprechen hilft mehrfach
Kinder sprechen noch laut vor sich hin, auch ältere Menschen tun das zuweilen. Erwachsene haben sich das abgewöhnt. Aber jetzt praktizieren Sie das wieder. Sehr schön! Denn es hilft, das merken Sie. Sie sprechen objektiv über Ihre Angst, sind ihr nicht unterlegen. Und Ihr Atem wird durch das Sprechen beruhigt und langsamer. Atmen Sie ruhig und sprechen Sie bitte auch positiv über die Situation. Es ist doch gut, dass die Autos abends mit Licht fahren. Sie werden sichtbarer. Denken Sie doch an frühere Situationen, als Sie noch keine Panik verspürten. Da sind Sie locker in abendlichen Situationen gefahren. Alle hatten Licht an. Und Sie sind entspannt in der Lichtkolonne mit gerollt.

Ich beobachte mich jetzt mehr im Vorfeld, damit ich die Panik abfangen kann, bevor sie voll zuschlägt. Ich merke schon deutlich ein gewisses Unwohlsein, das in der Magengegend aufkommt. Das ist ein deutliches Signal im Vorfeld. Bei vielen Lichterautos ist mir immer noch ein bisschen unwohl. Aber Sie haben recht, wenn ich an früher denke, da war abendliches Fahren ganz normal. Ich fuhr entspannt in der Kolonne mit.

Was bedeutet das für Sie konkret?

Ich versuche, die Situation, normaler und sachlicher zu sehen
Ich unternehme etwas. Ich will ja nicht, dass sich das harmlose Signal hochschaukelt.  Ich schaue auf den Verkehr und reduziere ein bisschen das Tempo, schaue fleißig, spreche laut mit mir, wie wir es geübt haben. Ich bemühe mich, die Situation normaler und sachlicher, so wie früher, zu sehen. Schließlich ist es gut, wenn die Autos abends mit Licht fahren. Man sieht sich besser. Was mir auch sehr hilft, ist zu trinken. Ich habe bei der Fahrt immer eine Flasche Wasser dabei, mit Trinkventil, aus der ich mit einer Hand trinken kann.

Super, dass Sie so gut vorsorgen. Sie unternehmen etwas ganz bewusst gegen die leichten Signale im Vorfeld. Damit sorgen Sie dafür, dass die Sache nicht eskaliert. Wir wollen ja auf keinen Fall, dass Sie die Kontrolle verlieren. Die Verkehrssicherheit ist am wichtigsten. 

Ich fühle mich jetzt schon sehr viel sicherer. Danke für die gute Betreuung.

14. Mein Mann hat sich zu sehr eingemischt

Ebenfalls danke. Sie haben sehr engagiert mitgemacht. Wir sollten noch einen Punkt klären. Leider gab es ein Problem mit Ihrem Mann.

„Gib doch endliche mal Gas!“
Er hat sich bei meinen ersten Alleinfahrten ohne Sie, bei denen er mitfuhr, leider in meine Fahrweise eingemischt. Das hat er auch früher schon gemacht. Oft hieß es „Du fährst zu langsam“ oder gib doch endlich mal Gas!“ Mich hat das sehr gestört. Manchmal habe ich an Aufgeben gedacht.

Das waren dann eigentlich keine Alleinfahrten, wenn Ihr Mann mitfuhr. Was ist bei den Fahrten mit ihm passiert?

Er hat sich leider in meine Fahrweise eingemischt. Oft hieß es „Du fährst zu langsam“ oder „gib doch endlich mal Gas!“ Mich hat das sehr gestört. Manchmal habe ich an Aufgeben gedacht.

Sie haben es nicht getan, sondern weiter gemacht. Das zeigt, dass Sie stark sind. Können Sie sich erinnern, was wir wegen der kritischen Bemerkungen Ihres Mannes unternommen haben? 

Rollenspiele
Sie haben meinen Mann gespielt und mich kritisiert. Ich sollte darauf ruhig atmen und ihm sagen, er soll aufhören, sonst werde ich nicht mehr weiter fahren.

Konsequent handeln
An diese Szene kann ich mich gut erinnern. Sie haben bei unserem kleinen Rollenspiel zuerst leise, beinahe klagend, geantwortet. Das konnte Ihr Mann, den ich spielte, nicht ernst nehmen. Aber immerhin, beim zweiten Versuch wurden Sie lauter. Aber die Konsequenz, nicht mehr weiter fahren, blieb aus. Sie hätten die Autobahn verlassen können, fuhren weiter. Dann haben wir beim nächsten Mal ganz bewusst auch das geübt. Sie fuhren wirklich beim nächsten Parkplatz raus, stellten den Wagen ab, stiegen aus und forderten mich auf, selbst weiter zu fahren. Wie war das?

Das fiel mir schwer.

Kritik am Fahrstil ist äußerst störend
Das verstehe ich.  Bedenken Sie, Kritik beim Autofahren ist sehr, sehr störend. Damit können Sie auch einen erfahrenen Autofahrer durcheinander bringen. Er wird nervös, dann wird er Fehler machen, was den Kritiker sogar bestätigen wird. So schaukelt sich das hoch. Es geht um Ihren sehr vorsichtigen Fahrstil, den er kritisiert, den Sie aber unbedingt brauchen. Sie sind durch die Kritisiererei  noch mehr gefährdet. Ihr Selbstbewusstsein leidet, letztlich geht es aber auch um blanke Verkehrssicherheit. Gegen die dauernden Belehrungen wegen Ihres Fahrstils sollten Sie einschreiten, mit fester Stimme und durch die Tat. Ich habe Ihnen damals einen Vorschlag gemacht: Informieren Sie Ihren Mann noch vor der Fahrt über Ihr Vorhaben, bei der nächsten Kritik an Ihnen nicht mehr weiter zu fahren. Sie brauchen das auch nicht zu erklären. Stellen Sie es einfach fest. Jedenfalls, durch die Vorbereitung kommt die Sache nicht so hart rüber. Nun meine Frage: Wie lief das? 

Das Kritisieren ging einfach weiter
Ich habe vor der nächsten Fahrt mit meinem Mann gesprochen, ihm auch Ihre Argumente gegen das ewige Kritisieren erzählt. So war es mir lieber. Jedenfalls, das hat er verstanden. Aber leider war die Gewohnheit zu stark. Ich wurde wie immer kritisiert.

Und – ihre Reaktion?

Ich war so was von sauer. Ich fuhr bei der nächsten Gelegenheit raus. Ich sagte ihm  „so geht das nicht, wir haben das ausdrücklich besprochen, ich höre auf! Fahr doch Du!“ Das fiel mir schwer, aber es musste nun mal sein. Er hat sich sofort entschuldigt. Er hat es erklärt mit alter Gewohnheit. Ich bin dennoch nicht weiter gefahren. Ich war einfach zu  nervös, wegen unseres Streits und wegen seiner kritischen Bemerkungen davor. Jedenfalls, er musste fahren, Das war auch gut so, denn von nun an war Schluss mit seinen Belehrungen.

Wie  ist Ihr Verhältnis jetzt bei den Fahrten?

Gut, meistens harmonisch. Ich frage ihn sogar manchmal, wenn ich irgendwo unsicher bin. Er hat ja viel mehr Erfahrung. Und ich verstehe ja, dass er leidet, weil ich langsamer fahre als er. Aber er soll mich in Ruhe lassen. Das tut er inzwischen, er zwingt sich, gibt Ruhe. Es lässt ihm aber keine Ruhe. Wenn er dann neben mir herum zuckt und instinktiv aufs Gaspedal treten will, warne ich ihn, er soll  aufhören damit. Er würde eben wegen seiner Erfahrung meistens viel schneller fahren. Ich will aber weiter in Ruhe meinen Fahrstil fahren können.

Das klingt doch gut. Ihr Mann wird hoffentlich auf Sie Rücksicht nehmen. Warum auch nicht – in einer Partnerschaft ist das normal. Wie ist es denn umgekehrt, wenn er am Steuer sitzt und und richtig schnell fährt, ist das Ihnen egal, oder haben Sie Angst? 

Als Beifahrerin ertrage ich höchstens 130
Ich habe ihm schon ein paarmal gesagt, 130, das geht gerade so, darüber habe ich Angst. Er will mir ja helfen, ich merke dann, wie er leidet. Er schwitzt, die Fahrweise wird unruhig, mehr Gas, weniger Gas, schlecht auszuhalten.

Einen Kurs für Frauen, die das hohe Tempo Ihrer Partner nicht aushalten, biete ich leider noch nicht an. Genauso wenig eine Kurs für Männer, die unter der langsamen Fahrweise ihrer Partnerin leiden. Irgendwann wird auch für Deutschland eine Regelung kommen, dass auf der Autobahn nur noch max. 130 gefahren werden darf. Dann haben wir hoffentlich Ruhe vor solchen abseitigen Problemen. Ich bedanke mich bei Ihnen für das interessante Interview. Sie waren eine sehr engagierte Schülerin. Jetzt sind Sie keine Schülerin und Angsthäsin mehr. Lassen Sie mal wieder von sich hören. 

Ich bedanke mich ebenfalls , für die gute Betreuung. Ich werde Ihnen Emails schicken, wie es mir ergangen ist. Ist das ok?

Ja, sehr gerne. dann profitieren auch andere Angsthäsinnen davon. Alles Gute für Sie! 

Noch einmal herzlichen Dank. Sie haben mir sehr geholfen.

Vielen Dank für das Interview 

 

 

Das Bild zeigt den Pkw der Angsthäsin K. Weise, die gerade aus dem Hof der Fahrschule fährt. Ihre Strecke führt von dort aus über die Stadtautobahn nach Hause. Wir haben die Strecke in ihrem Auto ein paar Mal geübt.
Das Bild zeigt den Pkw der Angsthäsin K. Weise, die gerade aus dem Hof der Fahrschule fährt. Ihre Strecke führt von dort aus über die Stadtautobahn nach Hause. Wir haben die Strecke in ihrem Auto ein paar Mal geübt. Das war die letzte Betreuungsstunde. Sie entspricht dem dritten Programmpunkt: „Selbständiges Fahren, Vorbereitung auf die Alleinfahrt“. Als Angsthasenfahrlehrer stehe ich dabei, fotografiere, freue mich, bin aber auch ein bisschen wehmütig.

15. Ein Email-Bericht zu den Autobahnfahrten allein

Frau Weise hat mir öfter in Kurzform von Ihren Autobahnfahrten berichtet. Bis heute hat es gut geklappt, so dass sie auch das Anfängerschild nicht mehr einsetzen musste. Die letzte Email stelle ich an den Schluss des Interviews:

„Hallo Herr Müller,

ich war in letzter Zeit fast im Wochentakt in Chemnitz. Im September fahre ich zu einer Ausstellung nach Dresden. Mein Anfängerschild habe ich unterwegs irgendwann verloren und fahre jetzt ohne regelmäßiges Üben fast so routiniert wie vor der ersten Panik. Vieles ist einfacher geworden für mich durch das Fahrenkönnen. Möchte Ihnen nochmals meinen Dank übermitteln.

Eine schöne Woche,
Kerstin Weise“
  


16. Zusammenfassung: Tabelle Belastende Situationen, Angstsituation und nervliche Belastung + Hilfe-Maßnahmen.

In der folgenden Tabelle erhalten Sie eine Übersicht über wichtige Rettungsmaßnahmen bei einer Panikattacke, über die Milderung heftiger körperlicher Symptome, blockierender Angstgedanken und Korrektur von Fehlverhalten. Diese sind im Interview angesprochen worden. Achten Sie auf Symptome schon im Vorfeld, um sie rechtzeitig zu dämpfen. Damit beschwichtigen Sie die Angst, diese würden „plötzlich“ auf Sie einstürmen. Dem ist nicht so, Sie können rechtzeitig vorbeugen.

Bitte beachten Sie: Die Tabelle dient dem Kennenlernen bestimmter, hilfreicher Maßnahmen in belastenden Situationen. Diese auszuprobieren und damit umzugehen sollten Sie auf keinen Fall allein, sondern nur unter dem Schutz und beraten vom Angsthasenfahrlehrer.

Nervliche oder Angst-Situation Hilfe-Maßnahmen
Leichter Stress, etwas Nervosität, verunsichert x Allgemein, beruhigend
Zu Beginn als Fahranfängerin an das Schild FAHRANFÄNGER denken (das gibt es auch in weiblicher Form)
Navigationsgerät benutzen, aber vorher Kartenstudium
Rechts hinter Lkw fahren
Rechts fahren, langsamer fahren (80, nicht weniger! Sonst lieber raus fahren
Stress, starke Nervosität, Panikattacke x Rettungsmaßnahmen
Im Vorfeld auf Symptome achten
Sofort laut sprechen, ruhig atmen, lebhaft schauen
a) Angsthasenfahrlehrer/in ansprechen, Fahrschulwagen an Angsthasenfahrlehrer/in übergeben
b) bei drohender Gefahr Anweisung durch Angsthasenfahrlehrer/in, den Wagen an ihn zu übergeben
Den rechten Fahrstreifen suchen
Verkehr beobachten, langsamer fahren, bis etwa 80 km/h
Darunter Warnblinklicht einschalten, äußerst rechts fahren,
Autobahnparkplatz oder Ausfahrt suchen und Pause!
Im Notfall auch den Seitenstreifen benutzen: Warnblinklicht, Warndreieck, Warnweste!
Wenn Sie nicht mehr weiter fahren können, Begleiter fragen. Ohne Begleiter Autoclub um Hilfe bitten
Beifahrer mischt sich ein, kritisiert ständig, schwere Verunsicherung Das Problem vorher absprechen. Bei starker Verunsicherung Parkplatz aufsuchen, nicht mehr weiter fahren
Körperliche, blockierende Symptome bei innerem oder äußerem Stress x Symptome mildern
Achten Sie schon im Vorfeld  auf  belastende Symptome, beobachten Sie auf den Verkehr, sprechen Sie laut
Herzklopfen, schnelles Atmen 3 – 4 mal ruhiges Atmen: Durch die Nase ca. 4 Sek. einatmen, durch den gespitzten Mund wieder ausatmen. Bei heftigem Herzklopfen unbedingt rechts heran, langsamer fahren und eine Möglichkeit zur Pause suchen.
Konzentrationsschwäche, kreisende Angstgedanken, Verstandes-Blockade, unwirkliches Gefühl, Kontrollverlust Sofort laut sprechen, in der Reihenfolge:
a) über die Höhe der Nervosität (von 1 = ruhig – 10 = Panik). Beispiel: „Ich fühle mich nervös, ich bin gerade auf 6.“
b) Beruhigende Äußerung, Beispiel: „ich schaffe das, ich kann mich beruhigen“
c)  weitere Planung, Beispiel: „Ich schaue, ich fahre ein bisschen langsamer.“ Oder: „Ich suche eine Ausfahrt, beobachte den Verkehr“
Denken Sie daran: Bei weniger als 80 km/h – Warnblinklicht! Seitenstreifen oder Ausfahrt suchen
Starrer Blick, Tunnelblick Frei schauen, nach hinten über alle Spiegel, nach vorne weit und nah, dabei den Verkehr beobachten und laut kommentieren
Schwitzen, Hitze im Kopf Trinken (Flasche mit besonderem Trink-Cap-Verschluss). Feuchtes Handtuch in der Türablage bereit halten. Lüften
Übelkeit Schnellstmöglich Pause (s. Rettungsmaßnahmen), raus dem Wagen, frische Luft. Ein bisschen trinken. Bleibt die Übelkeit, nicht mehr weiter fahren
Muskelkrampf, Zittern Muskelentspannung nach Jacobson: Muskeln anspannen (Arme,  Schultern, Bein links, Bauch – fünf Sekunden halten, ausatmen und die Spannung lösen. Muskeln sind weich.  Anschließend Atemübung (s.o.)
Blockierende Angstgedanken x Angstgedanken versachlichen, überwinden
„Mein Herz klopft, ich verliere die Konzentration, mache gleich schwere Fehler.“ „Herzklopfen ist normal bei Angst oder körperlichem Stress.  Ich atme ruhig, schaue auf den Verkehr, fahre rechts und ein bisschen langsamer. Eine Pause wäre schön.“
„Die Panik kommt blitzschnell. Ich habe keine Möglichkeit mehr, mich zu retten. Ich verliere die Kontrolle.“ Ich kann auf mich achten. Ich spüre schon im Vorfeld, wenn sich etwas ankündigt. Z.B. ein Kribbeln im Magen. Dann entspanne ich mich oder achte auf  eine Pause
„Kommt eine Panikattacke, muss ich dennoch immer und schnell weiter fahren. Das führt zu einem Unfall.“ Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu retten, oder die Panikattacke im Vorfeld zu erkennen oder abzumildern
Fehlverhalten mit Unfallgefahr x Fehlverhalten korrigieren
Abendliches Lichtergewimmel: Unsicherheit, Ablenkung, Verlust der Konzentration, Tunnelblick lebhaftes Schauen, lautes Sprechen, die Situation bewusst positiv sehen: „Durch die Scheinwerfer sehen wir alle zusammen besser.“ Mit der Abblendstellung des Innenspiegels „spielen“
Überholen eines Lkw-Zugs (mit Anhänger), Anhänger schlenkert ein bisschen. Angst, Verkrampfung am Lenkrad, weit nach links ziehen, bis beinahe an den Rand der Mittelinsel. Linkes Vorderrad droht am Bordstein zu scheuern, Gefahr Sprechen über leichtes Schlenkern von Anhängern. Die Situation als harmlos sehen. Weg vom Gas, warten, bis  sich sich das Schlenkern beruhigt hat. Noch auf gerader Strecke Progressive Muskelentspannung. Anhänger, Lkw und anderen Verkehr beobachten. Lautes Sprechen. Beim Überholen bewusst gegen den Linksdrall achten, leichtes Spielen mit dem Lenkrad, um die Kontrolle zu spüren. Nicht zu schnell fahren (= Flucht), in Ruhe mit ca. 20 km/ mehr vorbei ziehen
Rechtskurve, Angst, von der Fliehkraft nach links gedrückt zu werden, in den seitlichen, überholenden Verkehr. Verkrampft am Lenkrad, übertriebenes Lenken nach rechts über den Seitenstreifen Richtung Leitplanke Sprechen über sanfte Fliehkraft auf der Autobahn,  Abschwächung der Fliehkraft durch Reduzierung des  Tempos. Die Situation als harmlos sehen. Verkehrsbeobachtung, lautes Sprechen. Bewusst gegen den Rechtsdrall achten und bewusstes, leichtes Spielen mit dem Lenkrad, um die Kontrolle zu spüren
Stressgedanken wegen Streit mit Arbeitgeber, Panik kommt auf, leider keine innere  Beobachtung im Vorfeld, keine Verkehrsbeobachtung: Angst vor Kontrollverlust, scharfes Bremsen, ohne Verkehrsbeobachtung Selbstbeobachtung pflegen + Verkehrsbeobachtung, und Beobachtung des Seitenstreifens, oder auf die nächste Ausfahrt achten. Routine der Abfolge trainieren: Panik kommt auf, lautes Sprechen, Schauen, Warnblinklicht, äußerst rechts fahren, maßvoll bremsen. Diese Routine können wir nicht auf der Autobahn trainieren! Dennoch können und sollten wir sie als mentale Routine außerhalb der Autobahn pflegen!

17. Aufgaben für Sie: Bereiten Sie die praktische Betreuung auf der Autobahn vor

Sie erhalten hier Aufgaben gestellt, in denen es um Ihre Einstellung zu den Panikattacken geht.  Über diese können Sie an einem ruhigen Ort nachgrübeln.  Zusätzlich sollten Sie sich auch in praktischen Übungen auf die Betreuung mit dem Angsthasenfahrlehrer auf der Autobahn vorbereiten.

Übungen mit dem Auto, im Stadtverkehr
Sie haben den Führerschein, fahren immer noch gewandt und sicher im Stadtverkehr. Nur die Autobahn, die meiden Sie, denn dort fürchten Sie eine Panikattacke. Sie können sich gefahrlos und effektiv auf die eigentliche Betreuung mit dem Angsthasenfahrlehrer auf der Autobahn vorbereiten, wenn Sie sich an die folgenden Aufgaben machen. Sie sollen dabei mit dem Auto fahren, allerdings im Stadtverkehr, wo Sie sich wohl fühlen, und einige der in der Tabelle angesprochenen Hilfe-Maßnahmen üben.

Eine Warnung zuvor:
Fahren Sie nicht auf eigene Faust auf die Autobahn, nicht in Begleitung eines „wohlmeinendes“ Freundes, auch nicht in Begleitung eines nicht kompetenten Fahrlehrers. Diese können Ihnen beim Auftreten einer Panik nicht helfen.

  1. Aufgabe: Was halten Sie von Herzklopfen? (1)
    Starkes Herzklopfen ist an vielen Panikattacken beteiligt. In der Tabelle oben finden Sie das Symptom und eventuelle Hilfemaßnahmen erwähnt. Haben Sie Herzklopfen schon selbst erlebt? Gehen Sie die Tabelle sorgfältig durch, auch die Hilfe-Vorschläge. Unterstreichen Sie alle Symptome, die Sie schon erlebt haben.  Ebenfalls die Hilfe-Vorschläge. Überlegen Sie, ob Sie sich selbst helfen könnten oder nicht. Notieren Sie eigene Vorschläge. Bringen Sie Ihre Notizen mit zur ersten Betreuungsstunde.
    Vorteile durch diese Überlegungen: All diese Übersichten sind Sammlungen, in denen viel Erfahrung steckt. Aber Sie müssen immer noch auf Sie zugeschnitten werden. Dazu können Sie durch Ihre eigenen Erlebnisse beitragen.
  2. Aufgabe: Was halten Sie von Herzklopfen? (2)
    Haben Sie Herzklopfen auch außerhalb der Autobahn erlebt? Beispielsweise beim Sport? War das bedrohlich? Bitte vergleichen Sie! Welche Folgerung ziehen Sie daraus?
    Vorteile durch das Nachdenken über ein Symptom, das Herzklopfen: Sie beunruhigen sich deshalb nicht mehr so sehr, können es einordnen, es ist ja auch notwendig
  3. Aufgabe: Lautes Sprechen
    Eine der wichtigsten Maßnahmen gegen blockierende Symptome ist das laute Sprechen, am besten verbunden mit lebhafter Beobachtung des Verkehrs. Das können Sie gut üben bei Ihren Privatfahrten im Stadtverkehr. Immer nach der obigen Regel a) lautes Benennen der Nervosität (von 1 – 10), b) beruhigender Satz, c) Planung, wie es weiter geht.
    Vorteile durch das laute Sprechen: Der Verstand kommt zurück, sie können wieder planen, wie es weiter geht; der Atem beruhigt sich
  4. Aufgabe: Mein „Lieblings“-Symptom
    Suchen Sie sich unter den angegebenen Symptomen „Ihr“ Symptom aus, das Ihnen schon zugesetzt hat. Beschäftigen Sie sich während Ihrer Privatfahrten mit ihm. Beispiel: Verkrampfte Muskeln. Üben Sie die Progressive Muskelentspannung, in einer kleinen Fahrpause, oder bei einer längeren Fahrt gerade aus. Das geht prima auch beim Fahren und entspannt die Muskeln.
    Vorteile, wenn Sie Ihr Lieblinkssymptom schon kennen und damit üben: Sie werden nicht mehr in einer Stresssituation überrascht, können damit umgehen
  5. Aufgabe: Herzklopfen, Hilfe und Rettung
    Es gibt in jeder größeren Stadt große Straßen, breit, geteilt durch eine feste Mittelinsel, die Fahrbahnen aufgeteilt in mehrere Fahrstreifen. Sie ähneln Autobahnen, dürfen natürlich nur mit max. 50 km/h befahren werden. Manche dieser breiten Stadtstraßen dienen dem schnellen Durchgangsverkehr und sind mit 70 km/h zu befahren. Einige Paniker/innen reagieren dort schon sehr empfindlich. Fahren Sie in diesem Falle nicht dahin. Wenn Sie sich lockerer fühlen, fahren Sie ruhig mal auf so einer Straße und prüfen Sie sich: Kommt ein leises Gefühl der Angst auf? Schlägt das Herz schneller? Bleiben Sie rechts, sprechen Sie laut, atmen Sie ruhig, schauen Sie fleißig Üben Sie eine Rettungsmaßnahme, nämlich etwas langsamer zu fahren, nach einer Abfahrt zu schauen.
    Vorteile dieser Rettungsübung: Sie lernen den Umgang mit einem blockierendem Symptom und üben Rettungsmaßnahmen
  6. Beobachtungen von einer Autobahnbrücke: Ruhige, optimistische Gedanken suchen, an frühere Gefühle anknüpfen
    Stellen Sie sich als Fußgängerin auf eine Autobahnbrücke, am besten abends, wenn viele Scheinwerfer leuchten. Beobachten Sie den ruhig dahin fließenden Verkehr. Stellen Sie sich vor, Sie fahren hier mit. Sie werden vielleicht unruhig werden, schwitzen, es kommen aufgeregte Gedanken: „Wie geht es mir, o je?  Mein Herz klopft, ich sehe nicht mehr gut, hoffentlich passiert nichts.“ So ähnlich war auch K. Weises Situation im Interview. Kämpfen Sie nicht gegen diese Gedanken, lassen Sie sie einfach dahin fliegen. Aber versuchen Sie doch, sich an eine schöne Autobahnfahrt von früher zu erinnern, bevor es mit den Panikattacken losging: Sie sind am Steuer, fahren mit Ihrem

    Blick von der Autobahnbrücke, auf die Autobahn. Abendliche Stimmung, die Scheinwerfer sind eingeschaltet
    Blick von der Autobahnbrücke, auf die Autobahn. Abendliche Stimmung, die Scheinwerfer sind eingeschaltet. Das Tempo der Pkw ist ruhig, hier gilt maximal 80. 

    Freund  nach einem schönen Ausflug nach Hause. Sie rollen gemütlich im Strom der anderen Pkw mit, freuen sich auf einen netten Abend. Sie genießen die Heimfahrt, plaudern mit Ihrem Freund über einen spannenden Film, den Sie zu Hause gemeinsam genießen wollen. Die anderen Fahrer bleiben hinter Ihnen oder fahren vorbei, Sie sind Teil einer gemütlichen Fahrt in der Kolonne. Alle fahren ungefähr zwischen 80 und 90. Die Scheinwerfer der anderen Pkw leuchten ruhig an Ihnen vorbei. Es geht Ihnen gut. Versuchen Sie, eine solche schöne Erinnerung zu finden, als Sie noch entspannt auf der Autobahn fuhren und die Fahrten genossen. Daran sollten Sie mit Ihren optimistischen Gedanken anknüpfen. Diese sollten einen realen Hintergrund bekommen.
    Vorteile dieser Gedankenübung: Sie sagen nicht einfach platt eine positive Formel: „Ich schaffe das!“ Ich rate Ihnen, sich an reale, positive Erfahrungen zu erinnern, nach denen Sie die Autobahn und eine etwas belastende Situation schon locker und sicher bewältigt haben. Das haben Sie ja damals schon, und werden es jetzt wieder schaffen. Allerdings nicht im Handumdrehen, nicht mit einem positiven Spruch, sondern Zug um Zug! 

  7. Aufgabe: Wie reagiert mein Partner?
    Warnung: Fahren Sie vor der Betreuung durch den Angsthasenfahrlehrer nicht auf die Autobahn. Erst am Schluss der Betreuung und nach Absprache mit dem Angsthasenfahrlehrer. Wenn Sie später bei Alleinfahrten Partner/in oder Freund/in mitnehmen, dann sprechen Sie vorher ab, dass es keine Einmischung, keine Kritik an Ihrem  Fahrstil geben darf. Legen Sie vorher fest, dass Sie sonst sofort bei der nächsten Ausfahrt oder beim nächsten Parkplatz die Autobahn verlassen. Begründen Sie Ihre Ankündigung nicht. Besprechen Sie die Situation mit Ihrem Angsthasenfahrlehrer. Er wird mit Ihnen Übungen zu diesem Problem machen. Dazu gehören Rollenspiele, in denen Sie sich selbst spielen, auch Ihren Partner.
    Vorteile der Vorbereitung auf kritisierende Beifahrer: Nichts kann so stören, wie wenn Sie ein Beifahrer ständig wegen Ihres Fahrstils kritisiert. Aus diesem Grunde werden auch Prüfer ermahnt, während der Fahrprüfung keine kritische Bemerkungen zu machen. Bevor Sie wegen der Bemerkungen laufend Fehler produzieren und womöglich in eine gefährliche Situation geraten, machen Sie lieber Schluss mit dem Elend. 
  8. Eine wichtige Routine trainieren: Eine Panikattacke auf der Autobahn??
    Setzen Sie sich in Ihr Auto. Es ist in einer ruhigen Sackgasse geparkt, der Motor ist aus. Stellen Sie sich vor, Sie fahren auf der Autobahn, Sie spüren das Herannahen einer Panikattacke. Alle Rettungsmaßnahmen sind weit weg, im Kopf rasen die Angstgedanken. Dann prägen Sie sich wenigstens eine gewisse Routine, einen automatisierten Ablauf, ganz fest ein. Routinen sind im Kleinhirn gespeichert, jederzeit abrufbar, einigermaßen geschützt vor dem Einfluss von Stress. Na ja, einigermaßen, aber besser als nichts. Jedenfalls, wenn nichts mehr geht, dann rufen Sie die Routine ab.
    Die Routine hat folgenden Ablauf:
    – Sprechen Sie laut „mir geht es nicht gut“ und „ich will mich beruhigen“  –  – Schauen Sie in die Spiegel
    – Betätigen Sie das Warnblinklicht
    – Bremsen Sie bitte vorsichtig, auf 80 oder etwas weniger
    – Ziehen Sie in den Seitenstreifen neben Ihnen
    – Dort bremsen Sie mehr, rollen aus, halten an
    – Jetzt wird es Ihnen besser gehen. Atmen Sie in Ruhe ein und aus
    – Anschließend steigen Sie über rechts aus, gehen zum Kofferraum, ziehen die Warnweste an, holen das Warndreieck heraus. Vielleicht haben Sie sich schon beruhigt. Dann können Sie weiter fahren. Wenn nicht, gehen Sie mit dem Warndreieck vor sich links neben der Leitplanke dem Verkehr entgegen, stellen Sie Ihr Warndreieck etwa 100 m vor Ihrem Pkw auf, auf dem Seitenstreifen.
    – Bevor Sie wieder losfahren, sollten Sie Ihr Warndreieck wieder einsammeln
    – Anschließend fahren Sie los, geben Sie Gas über den Seitenstreifen, schauen Sie, fädeln Sie sich bei geeigneter Lücke ein. Wenn Sie das nicht schaffen, bitten Sie einen Begleiter, sie abzulösen.
    – Wenn Sie keinen Begleiter haben, dann rufen Sie Ihren Autoclub zu Hilfe, der Sie bitte abschleppen soll. Sagen Sie, Sie fühlten sich sehr unwohl.
    Diesen Ablauf sollten Sie keinesfalls auf der Autobahn üben, sondern im Stadtverkehr, an ruhiger Stelle. Vor allem den Ablauf immer wieder mental wiederholen, bis er sitzt!

18. Nützliche Links

Einführende Seite zum Thema Angst vor Panikattacken auf der Autobahn. Mit Erklärungen aus der Praxis und zu den Hilfemaßnahmen

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